Dezentrale Modellierung und Entwicklung eines Data Warehouse für eine Krankenkasse

 

 

Dr. Monika Bulst

AOK Berlin

 

Dr. Frauke Weichhardt

beratung im netz

 

Zusammenfassung

Im Rahmen der Verbesserung der Analysemöglichkeiten der Daten wurde im Jahr 2000 mit der Einführung eines Data Warehouse  in der AOK Berlin begonnen. Ziel dieses Projekts war die Schaffung grundlegender Strukturen für den Aufbau und den Betrieb des Data Warehouse. Dabei mussten die konkreten Auswertungsanforderungen der betroffenen Bereiche sowie die in der AOK vorliegende Organisationsstruktur berücksichtigt werden. Um eine so komplexe und abstimmungsintensive Aufgabe unter Einsatz möglichst geringer Personal-Ressourcen lösen zu können, musste ein Weg gefunden werden, die notwendigen Mittel dezentral bereitzustellen. Entstanden ist dabei eine dezentrale organisatorische Struktur des Data Warehouse, die auf den Austausch des entstehenden Wissens zwischen den einzelnen Bereichen angewiesen ist. Der vorliegende Artikel beschreibt die entstandene Struktur sowie den Einsatz von Methoden u.a. des Semantic Web (vgl. Berners-Lee et al.), die eingesetzt werden, um das Gesamtsystem effizient gestalten zu können.

1.     Einleitung

Die AOK Berlin steht im Wettbewerb mit anderen Krankenkassen. Aus diesem Grund muß vermehrt Wert auf eine gute Steuerung des Unternehmens gelegt werden. Wesentliche Voraussetzung dafür ist insbesondere eine einheitliche Sicht auf die Daten des Unternehmens. Für die Schaffung eines Systems, das dies leisten kann, wurde eine Data Warehouse Architektur aufgebaut. Entwicklung und Einführung vollziehen sich schrittweise, so daß sich die Belastung der beteiligten Mitarbeiter in Grenzen hält. Gleichzeitig muß berücksichtigt werden, daß die einzelnen Unternehmensbereiche der AOK Berlin ihre Daten vergleichsweise autark bewirtschaften. Die IT-Abteilung hat nur begrenzte Personalressourcen zur Verfügung und ist auf eine  Zusammenarbeit mit den Bereichen in personeller und fachlicher Hinsicht angewiesen. Aus diesem Grund wurde eine dezentrale Struktur geschaffen, die kurze Wege zwischen Benutzern und Entwicklern sicherstellt sowie trotz der dezentralen Struktur des Unternehmens eine hohe Akzeptanz des Systems gewährleistet, da Benutzer ihre Anforderungen direkt einbringen können.

 

In diesem Artikel wird zunächst die Ausgangssituation des Unternehmens beschrieben. Darauf aufbauend wurde die Vorgehensweise entwickelt, die im darauf folgenden Abschnitt beschrieben wird. Die dabei entstandene Organisationsstruktur beschreibt der vierte Abschnitt. Im Rahmen des fünften Abschnitts „Wissenstransfer“ wird gezeigt, wie die im Data Warehouse verwendeten Informationen beschrieben werden, so daß sich Benutzer und Entwickler schnell ein Bild über Grundlagen und Zusammenhänge der verwendeten Daten machen können. Die dabei verwendete Technologie der Modellierung auf Basis von Semantic-Web-Technologien wird im Abschnitt sechs dargestellt.

2.     Ausgangssituation

Die Situation der AOK ist durch folgende Faktoren gekennzeichnet:

Es dominieren historisch gewachsene Datenstrukturen. Auf der zentralen Datenbank hat jede Abteilung ihren eigenen Bereich und betreibt eigene Auswertungen. Zusätzlich gibt es weitere Legacy-Systeme, die von den einzelnen Bereichen autark bewirtschaftet und mit dem zentralen System abgeglichen werden.

In den Unternehmensbereichen und Fachabteilungen sind im Laufe der Zeit eine Reihe eigener Anwendungen entstanden. Diese Anwendungen basieren größtenteils auf MS Access oder MS Excel. Die dafür benötigte Datenbasis wird in der Regel lokal auf dem PC des Anwenders oder auf einem File-Server gehalten (Abteilungsdatenbestände). Sie werden auf der Basis von Rohdaten aus dem Legacy-System oder anderen externen Daten erstellt.

Eine Integration der Datenbestände erfolgte bisher nicht.

Die wirtschaftliche Situation der AOK Berlin bedingt die Anforderung einer hohen Anzahl von Auswertungen in allen Bereichen und im Vergleich zu anderen Bundesländern. Auf diese Anforderungen muß häufig sehr schnell reagiert werden. Die betroffenen Mitarbeiter konnten diese Anforderungen bisher entweder gar nicht oder nur unter sehr hohem persönlichen Einsatz erfüllen. Die ihnen zur Verfügung stehenden Systeme konnten die notwendige Flexibilität in der Regel nicht bieten.

3.     Vorgehensweise

Voraussetzung für die Durchführung des Projekts war die Unterstützung durch die Geschäftsleitung in Form von fachlicher Schirmherrschaft durch ein Mitglied der Geschäftsleitung und technischer Betreuung durch den Leiter der IT-Abteilung. Diese zwei Personen bildeten auch den Steuerungsausschuß im Rahmen der Leitung des Projekts. Mit ihrer Hilfe wurden zunächst zwei Unternehmensbereiche als Pilotanwender gewonnen. Deren Auswertungsanforderungen wurden analysiert, um die notwendigen Kennzahlen und Dimensionen zu ermitteln. Auf dieser Basis wurden schrittweise Datenwürfel und zugehörige Data Marts entwickelt sowie standardisierte Reports. Diese basierten im ersten Schritt weiterhin auf den Abteilungsdatenbeständen. Im Anschluß wurde die Datenlogistik für die Verwendung der zentralen Datenbestände erarbeitet. Schließlich wurden zentrale und dezentrale Bestände innerhalb der Data Marts integriert.

Die Bewirtschaftung des Systems wurde durch die Entwicklung und Umsetzung eines Betriebskonzepts sichergestellt. Dazu gehörte auch die Bereitstellung eines Änderungsdienstes sowie der Aufbau der notwendigen IT-Infrastruktur (Aufbau der Server-Systeme, Installation der Clients, Benutzeradministration, Berichtsportal) und der Durchführung von Schulungen für Entwickler und Benutzer.

Inzwischen nehmen fünf Unternehmensbereiche an dem Projekt teil (Vertrieb, Vertragsmanagement, Unternehmensplanung, Personal, Krankenhausmanagement). Eine weitere schrittweise Ausweitung ist angedacht.

4.     Organisationsstruktur

Hier werden zunächst die für das System notwendigen Gremien und Instanzen sowie deren Zusammenarbeit beschrieben. Vorgesehen ist eine dreistufige Nutzung des Systems: Dabei wird davon ausgegangen, daß es im Fachbereich einerseits Entwickler für die Datenwürfel gibt (Würfel-Verantwortliche) bzw. Bereichsvertreter dazu, dann die Controller als „Power User“, die selbständig mit den Inhalten der Würfel arbeiten und Berichte erzeugen sowie die Endanwender, die „Konsumenten“ der Ergebnisse der Controller. Sie manipulieren  nicht selbständig in den Daten, sondern lesen und verwenden die erzeugten Berichte. Bei Bedarf können auch diesen Endanwendern Datenwürfel zur eigenständigen Analyse zur Verfügung gestellt werden.

Die Implementierung erfolgt themenbezogen innerhalb von Teilprojekten. Diese arbeiten definierte Anforderungen ab und stellen die Bewirtschaftung der entsprechenden Daten sicher.

Folgende Gremien und Instanzen wurden im Rahmen der Systemeinführung geschaffen:

Das gesamte System wird durch zwei Koordinatoren betreut. Diese kommen einerseits aus dem Fachbereich Controlling (fachliche Koordination) und andererseits aus dem IT-Bereich (technische Koordination) und bilden damit ein interdisziplinäres Team. Sie stellen ein einheitliches Projektvorgehen, eine einzige technische Systemumgebung (Entwicklungs-­, Test- und Produktionssystem) und einen einheitlichen Modellansatz sicher.

Als zentrales Projektgremium wurde ein Kernteam geschaffen, in dem Entwicklungen und Aufgaben abgestimmt werden. Das Kernteam wird durch die Koordinatoren geleitet und moderiert. Weitere Mitglieder sind die Würfelverantwortlichen sowie der Dokumentationsverantwortliche (s.u.). Das Kernteam ist für die Projektkoordinatoren das zentrale Instrument zur Sicherstellung eines einheitlichen Projektvorgehens,  einer einzigen technischen Projektumgebung und eines einheitlichen Modellansatzes.

Der Dokumentationsverantwortliche ist für die Aktualisierung und Pflege der Systemdokumentation verantwortlich, insbesondere für die Beschreibung der verwendeten Kennzahlen und Dimensionen im sogenannten  Datenkatalog und für das Datenmodell. Der Dokumentationsverantwortliche wurde zunächst durch ein Redaktionsteam unterstützt, das innerhalb der Anlaufphase des Projekts die anfänglichen Datenquellen zu den ermittelten Kennzahlen und Dimensionen sowie mögliche Standardisierungen zwischen den einzelnen Bereichen erarbeitete.

Je Teilprojekt wurden zwei Würfel-Verantwortliche etabliert, die sich gegenseitig vertreten können. Die Würfel-Verantwortlichen dienen als Schnittstelle zwischen Fachbereich und zentraler IT-Abteilung. Sie vertreten ihren Bereich auf Dauer im Kernteam und müssen die im Kernteam erarbeiteten Abstimmungen/Standards innerhalb ihres Bereiches umsetzen. Dazu arbeiten sie eng mit den jeweiligen Controllern und sonstigen Anwendern zusammen. Außerdem leisten sie First-Level-Support für alle ihre Anwender.

Die Würfel-Verantwortlichen überwachen die Datenqualität ihrer Würfel und stoßen im Rahmen des Kernteams notwendige Änderungen an. Für in ihrer Verantwortung befindliche Daten müssen sie die notwendigen Maßnahmen zur Sicherstellung der Datenqualität durchführen bzw. koordinieren. Häufig haben sich um die Würfel-Verantwortlichen Würfel-Teams gebildet, die die Entwicklung und Wartung der Würfel durchführen.

Alle Würfelverantwortlichen treffen sich unter der Ägide der Projekt-Koordination regelmäßig, um gemeinsame Datenbestände auch wirklich gemeinsam nutzen zu können. Sie gehören fachlich und disziplinarisch zum jeweiligen Unternehmensbereich, um ihre Verankerung „im Feld“ sicherzustellen. Konflikte, die um die Festlegung von Arbeitsinhalten und Kapazitätsausnutzung entstehen, werden auf der übergeordneten Ebene geklärt.

Kann diese Form der Zusammenarbeit (dezentrale Variante) aufgrund mangelnder Personalressourcen im jeweiligen Unternehmensbereich nicht durchgesetzt werden, wird von den betroffenen Unternehmensbereichen dauerhaft ein fachlicher Vertreter (Bereichsvertreter) für das Data Warehouse benannt. Die Würfelverantwortlichen werden dann durch den IT-Bereich zur Verfügung gestellt (zentrale Variante). Sie müssen intensiv mit den Bereichsvertretern zusammenarbeiten.

Die Bereichsvertreter sind ebenfalls Mitglieder des Kernteams. Es muß beobachtet werden, in welchem Maß die damit erhöhte Zahl der Mitglieder die Arbeitsfähigkeit des Teams einschränkt, insbesondere für den Fall der Einbeziehung weiterer Unternehmensbereiche in das System. Gegebenenfalls muß die Zusammenarbeit zwischen Kernteam und Bereichsvertretern auf andere Weise durchgeführt werden.

Der IT-Bereich stellt mit Hilfe des ETL-Teams die Datenlogistik sicher. Hier wurde auch das Betriebskonzept erarbeitet sowie die Modellierung der Datenbasis durchgeführt. Außerdem erfolgt hier der Second-Level-Support für die Anwender. Mittelfristig wird diese Anwender-Unterstützung durch den zentralen Benutzer-Support der AOK Berlin geleistet werden. Einer der Projekt-Koordinatoren entstammt dem IT-Bereich, der die Abstimmung und Koordination der Aktivitäten der Würfelverantwortlichen auf technischer Ebene und mit dem ETL-Team durchführt. Hier wird auch die Dokumentation gewartet bzw. aktuell gehalten, ist also der Dokumentationsverantwortliche angesiedelt. Bei entsprechendem Anlaß führt diese Stelle zusätzliche Abstimmungen herbei, wenn es um die Veränderung der Datenstrukturen innerhalb der Grunddaten oder innerhalb der Data Marts geht.

Die Controller in den Fachbereichen erstellen die Standardberichte. Sie werden dabei von den Würfelverantwortlichen unterstützt und im Kernteam vertreten. Würfelverantwortliche und Bereichsvertreter arbeiten gegebenenfalls mit Arbeitsteams ihrer Bereiche zusammen, in denen mögliche Lösungen der spezifischen Auswertungsproblematiken oder neue Anforderungen diskutiert werden können. Je nach spezifischer Organisation des jeweiligen Bereichs treffen sich die Mitglieder dieses Arbeitsteams regelmäßig oder werden individuell durch den Würfelverantwortlichen angesprochen.

Im zentralen Controlling sitzt der andere Projekt-Koordinator, der die Aktivitäten der Würfelverantwortlichen fachlich koordiniert. Er sorgt mittel- bis langfristig für eine Vereinheitlichung der verwendeten Methoden und damit für eine Vergleichbarkeit der Aussagen der einzelnen Unternehmensbereiche. Hier erfolgt außerdem die Abstimmung über die Form und das Layout der erstellten Berichte. Auch diese Aufgabe hat eher mittel- bis langfristigen Charakter.

Beide Personen gemeinsam verantworten das System, einer davon als Stellvertreter. Sie berufen das Kernteam ein, bereiten es vor und moderieren.

Die hier genannten Aufgaben werden auch über die Einführungsphase hinaus wahrgenommen. Innerhalb des Betriebskonzepts und des Change Management-Konzepts wurden dazu die entsprechenden Aufgabenbeschreibungen und Geschäftsprozesse definiert, so daß auf dieser Grundlage die notwendige Veränderung der Organisationsstruktur stattfinden konnte.

Es ergibt sich also folgende Aufgabenverteilung:

Gesamtprojektkoordination: zwei Personen; je einer aus dem IT-Bereich und aus dem zentralen Controlling

Würfelverantwortliche/Würfel-Teams: je Themengebiet mindestens zwei Personen aus den beteiligten Fachbereichen als Entwickler der Würfel und für die Unterstützung der Controller bei der Bereitstellung der Standard-Berichte

Bereichsvertreter: Falls die Würfelverantwortlichen nicht aus dem Unternehmensbereich kommen, stellt der betroffene Bereich zwei Bereichsvertreter. Diese  arbeiten an den notwendigen Aktivitäten mit: Teilnahme an Kernteam-Sitzungen, Beratungen und Maßnahmenplanung im eigenen Bereich zu Umsetzung und Änderung von Projektinhalten, Abstimmung mit Würfelverantwortlichen.

Arbeitsteam: Abstimmung und Zuarbeit innerhalb der Unternehmensbereiche; Größe je nach Bedarf

Dokumentationsverantwortlicher: Wartung und Aktualisierung der Dokumentation (Datenkatalog und Berichtsstruktur; ggf. Datenmodell): eine Person aus dem IT-Bereich.

Redaktionsteam: Unterstützung des Dokumentationsverantwortlichen in der Phase der Datendefinition bei der Ermittlung von Datenquellen und Standardisierungsmöglichkeiten.

ETL-Team: Erarbeitung der zentralen Datenlogistik, der Integration dezentraler Datenbestände und des Betriebskonzepts, Modellierung der zentralen Datenbasis: drei Personen aus dem IT-Bereich; eine davon als Unterstützung für notwendige Konzepte und Recherchen im Rahmen der Dokumentationsaufgaben und der Datenbeschaffung.

 

 

 

Abbildung 1: Organisationsstruktur des Data Warehouse

 

Projektleitung: Projektaufsicht und Einflußnahme im Rahmen von Leitungsausschüssen

Kernteam: AOK-weite Koordination der Teilprojekte und des Betriebs im Hinblick auf Synergien zwischen einzelnen Bereichen

Projekt-Koordination: Das Kernteam wird von den Projekt-Koordinatoren geleitet und moderiert.

Teilprojekte: Konzepterstellung, Umsetzung und Überführung in Betrieb für einzelne definierte Fachthemen

Fachbereiche und zentrales Controlling: Mitarbeit in Kernteam und Teilprojekten

IT-Abteilung: Bereitstellung der Infrastruktur für die Teilprojekte und deren Betrieb, Aufbau der zentralen Ressourcen für das Data Warehouse

5.     Wissenstransfer

Die dargestellte Struktur ermöglicht ein flexibles und zeitnahes Eingehen auf den Bedarf der Fachbereiche. Gleichzeitig ist damit jedoch auch ein höherer Koordinationsaufwand verbunden, um die Konsequenzen möglicher Veränderungen des Gesamtsystems weiterhin beurteilen zu können. Um diesen Aufwand möglichst niedrig zu halten, wurde folgende Unterstützung vorgesehen:

 

  • Einrichtung eines Portals für das Data Warehouse im Intranet der AOK Berlin
    Das Portal ermöglicht den Zugriff auf vordefinierte Berichte, News und ein Forum, in dem Entwickler und Anwender Fragen zum System stellen können. Hier ist auch der Einstiegspunkt für den Änderungsdienst sowie der Zugang zur Dokumentation des Systems einschließlich der Würfelsteckbriefe und des Datenkatalogs.
  • Schaffung einer Community
    Durch die Etablierung des Kernteams und der zugehörigen Arbeitsteams wurde eine Kommunikationsstruktur geschaffen, die auch quer zu den einzelnen Bereichsgrenzen funktioniert und so den Wissensaustausch nicht nur zu dem hier betrachteten System ermöglicht. Sie stellt ein zentrales Element zur Wartung und Weiterentwicklung des Gesamtsystems dar. Außerdem gewährleistet sie für die User kurze Wege zu ihrem jeweiligen Ansprechpartner und eine schnelle Umsetzung notwendiger zentraler Maßnahmen in den einzelnen Bereichen.
  • Dezentrale Erstellung des Datenkatalogs
    Der Datenkatalog wird dezentral durch die einzelnen Entwickler erstellt und im Portal veröffentlicht. Verwendet wird derzeit ein Dokument aus Word-Tabellen. Um das System am Leben zu erhalten, muß der Datenkatalog  ständig aktualisiert werden. Dies ist mit der derzeitigen Technologie sehr aufwendig. Im Test befindet sich eine graphische Darstellung, die die Wartung des Katalogs deutlich vereinfachen könnte.


Geplant ist hier die Erarbeitung von Modellen der Kennzahlen, Dimensionen, Würfel und Berichte in graphischer Form. Dies geschieht mit Hilfe eines Modellierungstools, das Technologien des
Semantic Web verwendet. Die Ergebnisse der Dokumentationsarbeit können so einerseits für die benutzerfreundliche, transparente Darstellung des Datenkatalogs verwendet werden und andererseits als eine (Teil-)Ontologie für ein mögliches internes Semantic Web der AOK Berlin dienen. Dabei werden jede Dimension und jede Kennzahl in ihrem jeweiligen Kontext dargestellt. Die Modellierung der Würfel und Berichte erfolgt dezentral in den Fachbereichen mit Hilfe von Referenzen auf zentrale Modelle. Das dabei eingesetzte Tool SemTalk (vgl. Fillies, C. et al.) basiert auf MS Visio und ist entsprechend leicht zu verwenden. Koordiniert wird der Modellierungsprozess durch den Dokumentationsverantwortlichen  (vgl. Weichhardt, F.et al.).

Der Dokumentationsverantwortliche bildet die definierten Kennzahlen und Dimensionen in einem gaphischen Modell ab. Erfaßt werden dabei auch Attribute wie z. B. Datenquelle, weitere Bezeichnungen und Definitionen. Auf diese Modelle können die Würfel-Teams zugreifen, wenn sie ihre Würfel und Berichte definieren. Sie müssen dann nur noch die notwendigen Objekte (Kennzahlen und Dimensionen) für die jeweiligen Würfel oder Berichte auswählen und zusammenfügen. Alle weiteren Attribute sind dann bereits vorhanden; eventuelle Änderungen werden maschinell nachvollzogen. Außerdem obliegt ihnen die Aktualisierung der Dimensionen/Kennzahlen, wenn sie aus ihrem Bereich kommen.

Namenskonflikte werden über Synoym-Routinen und ein Namensraumkonzept gelöst (s. Abschnitt 6), so daß alle Bereiche auch ihre eigenen Begriffe weiterverwenden können, wenn es zu Überschneidungen kommen sollte.

Würfel und Berichte, die hier nicht dokumentiert sind, haben keinen Anspruch auf Rücksichtnahme bei allfälligen Versionswechseln oder sonstigen Wartungsarbeiten.          

Auf diese Weise ergibt sich die Möglichkeit, Datenmodelle und die Darstellung der Inhalte miteinander zu verknüpfen, ohne alle Informationen erneut eingeben zu müssen. Über die Erzeugung von Code aus den Modellen wird derzeit diskutiert.

6.     Semantisches Web und Data Warehouse

Das Semantic Web wird vom W3C, also der zentralen Organisation zur Festlegung von Internet Standards, propagiert, um Wissensmodelle darzustellen. Es handelt sich dabei um eine neue Schicht des Internets zusätzlich zu HTML und XML. Die Wissensmodelle werden dabei innerhalb eines Unternehmens aber auch unternehmensübergreifend gebildet.

 

Obwohl das Semantic Web primär erdacht wurde, um den Inhalt von Dokumenten dazustellen, ist es sinnvoll, dasselbe Konzept auch auf andere Bereiche anzuwenden, in denen eine gemeinsame Sprache und wohl definierte Begriffe benötigt werden.

 

Definitionen werden für Kennzahlen und Dimensionen einheitlich bestimmt.  Wenn derselbe Begriff in verschiedenen Defintionen verwendet werden soll, kann dieser Konflikt über ein Namensraumkonzept gelöst werden. Eine solche Definition wird in einem zentralen Modell abgelegt und kann dann eindeutig per URI referenziert werden, wie z.B. http://www.aok.de/KHB#Krankenhausbehandlungsfälle. In diesem Fall werden zwei verschiedene Kennzahlen in zwei verschiedenen Bereichen mit demselben Namen verwendet: einerseits die Anzahl der Fälle für das Fallmanagement und andererseits die Anzahl der Fälle für die Verhandlungen mit dem Krankenhaus. Für die Verhandlungen mit dem Krankenhaus ist die Berechnung fachabteilungsbezogener Daten gesetzlich geregelt. Vergleichsdaten der AOK Berlin müssen nach den gleichen Methoden ermittelt werden.

Interne Verlegungen werden in den Berechnungen entsprechend dem Gesetz berücksichtigt. 

 

 

 

 

Abbildung 2: Beispiel für die Darstellung des Datenkatalogs im Intranet auf Basis des SemTalk-Modells

 

 

Bei der Berechnung fachabteilungsbezogener Daten des Krankenhauses für das Fallmanagement  werden interne

Verlegungen nur fachabteilungsübergreifend berücksichtigt, da im Fallmanagement der Fall ganzheitlich betrachtet werden muß. Nur so lassen sich Ansatzpunkte für das Fallmanagemant ableiten, da bei Betrachtung nur aus der gesetzlich definierten Sicht die durchschnittliche Verweildauer und die durchschnittlichen Kosten je Fachabteilung geschönt werden.

Für das Data Warehoues mußten also zwei verschiedene Kennzahlen mit demselben Namen definiert werden. Über das Namensraumkonzept kann der auftretende Konflikt gelöst werden. Wie bei allen Semantic Web-Anwendungen wird auf diese Weise sichergestellt, dass alle Beteiligten durch die Benutzung einer solchen URI über dieselbe Sache reden und dass sich Applikationen auf dieselbe Interpretation der Legacydaten beziehen.

 

Kennzahlen und Dimensionen werden in ihren jeweiligen Zusammenhängen mit ihren Attributen modelliert. Die Objektorientierung des Werkzeuges ermöglicht dabei auch eine mehrfache Darstellung desselben Objekts in verschiedenen Kontexten, um ein einfaches assoziatives Suchen zu unterstützen. Auf Basis der definierten Kennzahlen und Dimensionen können Würfel und Berichte dokumentiert werden, indem ihre Inhalte aus diesen Elementen zusammengefügt werden. Dem werden die sonstigen Informationen aus dem Würfelsteckbrief bzw. den Berichtsdokumentationen als Attribute hinzugefügt, z. B. Aktualisierungszeitpunkte, Zuständigkeiten für Aktualisierung oder Ansprechpartner für Datenqualität.

 

Die Verwendung von Semantic Web-Standards zur Wissensmodellierung bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, das dokumentierte Domain-Wissen von einzelnen Software-Applikationen (wie einem konkreten Data Warehouse-System) zu separieren. Damit  wird zunächst Unabhängigkeit geschaffen, aber auch die Grundlage, das Wissen in anderen Applikationen weiterverwenden zu können.

 

 

7.     Fazit

Mit der Einführung des Data Warehouse hat sich die AOK Berlin eine zeitgemäße Möglichkeit der Datenanalyse geschaffen, die die Unternehmenssteuerung in wesentlichen Punkten unterstützen kann. Gleichzeitig hat sie mit diesem Instrument einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Kommunikationsstruktur im Unternehmen geleistet.

8.     Literatur

 

Tim Berners-Lee, Jim Hendler, and Ora Lassila published an article about the Semantic Web in Scientifc American. "A new form of Web content that is meaningful to computers will unleash a revolution of new possibilities".  http://www.scientificamerican.com/2001/0501issue/0501berners-lee.html

Weichhardt, F.; Fillies,C.: The Semantic Web is the Database: Decentralised Modeling with central Coordination. 13th International Conference on Knowledge Engineering and Knowledge Management EKAW02  (submitted)

Fillies, C., Wood-Albrecht, G., Weichhardt, F., A Pragmatic Application of the Semantic Web Using SemTalk. WWW2002, May 7-11, 2002, Honolulu, Hawaii, USA ACM 1-5811-449-5/02/0005